Was ist Aquascaping und warum ist es ein so großer Trend?

Aquascaping ist die Form der Gestaltung einer Unterwasserlandschaft im Aquarium. Dabei steht stets der ästhetische Anspruch im Vordergrund.

„Einfach ein paar Steine, Pflanzen und ein wenig Licht und dann wird das schon mit dem Aquarium, klappen.“ So oder so ähnlich lautet die landläufige Meinung zum Thema der Aquaristik. Das ist allerdings falsch, denn: Taucht man tiefer in die Aquaristik herein findet man sonderbares. Eine Nische in der Nische. Und man stellt fest, wie faszinierend das Aquarium sein kann, wenn man sich der Thematik fokussierter annimmt. Aquascaping! Was es damit auf sich hat, wer der Erfinder ist und warum dies auch mit Spiritualität und Entspannung zu tun hat, das erfährst Du in dem folgenden sehr detailreichen Artikel:

Was ist Aquascaping?

Zum Aquascaping - also dem Gestalten von unterwasserlandschaften - verwendet man Pflanzen, Steine und Holz. Dabei ist stets das Ziel das natürliche Verhältnis zwischen Lebewesen, Einrichtungsgegenständen und Bodengrund herzustellen.

Spannend hierbei ist die Orientierung an den wichtigen Grundregeln der Gestaltung wie zum Beispiel dem Goldenen Schnitt. Dabei betrachtet man die Breite und die Wuchshöhe der Pflanzen ebenso wie das Proportionsverhältnis 3:5.In den meisten Fällen werden Pflanzen aus dem Labor - so genannte inVitro Pflanzen - für das Aquascaping verwendet. Diese sind frei von Giftstoffen und Schädlingen.

Das Thema des Aquascaping hat weltweit mittlerweile so viele Anhänger, dass sogar Wettbewerbe und Awards für die schönsten Scapes gegeben werden.

Aquascaping by Tropica / Mark Evans
Aquascaping by Tropica / Mark Evans

Was ist ein Naturaquarium?

Ein Naturaquarium ist ein Aquarium welches sich im japanischen Stil bepflanzt und aufgebaut wird, es ist ein Synonym des Aquascapings und beschreibt es somit vereinfacht. Vom Sand und dessen Beschaffenheit sowie Farbe bis hin zu dem Interieur wie Steine oder Sand. Es entstehen durch das Aquascaping wundervolle Landschaften mit Fokuselementen, Licht- und Schattenspielen.

Welches Licht für das Aquascaping?

Um das Thema Licht in diesem Zusammenhang zu erklären: Kurzum ohne eine Photosynthese kann keine Pflanzen. Die zwar emers (über oder ausserhalb dem Wasser) gezüchteten und später submers (unter Wasser) einzubringenden Wasserpflanzen benötigen eine gewisse Lichtmenge um den Prozess der Photosynthese zu starten. Dazu gibt es verschiedene Begrifflichkeiten, die wir hier erklären möchten:

Kelvin

Das Kelvin ist die Basiseinheit der Temperatur und eine zugleich von der EU gesetzlich definierten Temperatureinheit. Kelvin wird in der Naturwissenschaft und Technik zur Angabe von Temperatur bzw. -differenzen verwendet. Eine Orientierung für den LED Kauf im Fachhandel: Achte auf eine Leistung von 6000K bis 8000K. Die neuesten Modelle von Chihiros können bis 13000K. Jedoch wachsen viele Pflanten jenseits von 10000K nicht mehr.

Was sagt Lumen aus?
 
Lumen (lm) ist die standardisierte Einheit für den Lichtstrom. Er lässt Rückschlüsse auf die Helligkeit einer Lampe zu. Lichtstrom sagt aus, wie viel Licht eine Quelle abstrahlt. Einfacher definiert: Lichtleistung einer Lampe.

Wie hoch sollte die Beleuchtungsdauer im Aquascape sein?

Die Beleuchtungsdauer ist je nach Umstand zu betrachten. Wird das Aquarium gerade erst eingefahren und sind die Pflanzen im Naturaquarium bereits gesetzt, sollte eine maximale Beleuchtungsdauer von 6 Stunden gewählt werden. Erst nach weiteren 4-6 Wochen kann die Beleuchtungsdauer auf bis zu 10 Stunden hochgestellt werden. In der Anfangsphase vermeiden wir mit 6 Stunden die Algenbildung und beschleunigen auch dadurch das Wachstum der Pflanzen im Aquarium.

Unterschiede die Du noch betrachten solltest:

  • Float-Glas
    Float Glas wird als das Basis Glas bezeichnet. Es schimmert bei genauerer Betrachtung leicht grün. Es ist ein recht robustes Glas und verzeiht so manches "andotzen" bei der Platzierung des Scapes.
  • Weißglas
    Weißglas hingegen schimmert hingegen nicht grünlich und verfälscht die Farben durch den grünstich im Glas nicht. Doch das solltest Du wissen: Du wirst den Unterschied bei genauer Betrachtung erkennen. Bei der klassischen Betrachtung des Scapes fällt der Unterschied zwischen Weißglas und Float-Glas zunächst nicht auf.

Pro Tipp: Es gibt Aquarienbauer, die Dir das Aquarium so aufbauen können, dass Du nur die Front in Weißglas erhalten kannst. Es gibt allerdings bei so manchen Aquarienbauern einen gigantischen Unterschied der auffällt. Die ADA Aquarien verwenden anstatt der klassischen Silikon-Stoßverklebung (wahlweise schwarz oder weiß) eine völlig neue Technik, mit der das Weißglas gepresst wird. Somit sieht man gar kein Silikon mehr. Das fällt dem geschulten Auge auf. Das wirkt sehr klar.

CO2 im Aquascape - Wie geht das?

Um eine entsprechend verbesserte Photosynthese zu erzeugen benötigt es zunächst einmal NUR Licht. Will man allerdings die Photosynthese beschleunigen und besonders schwere Wasserpflanzen oder Raritäten halten, benötigt man CO2. Ein eingeschränkter Pflanzenwuchs hängt zunächst auch mit der Herkunft der Pflanzen und dem Bodengrund zusammen. So wirkt ein recht hoher PH-Wert für Wasserpflanzen wuchshemmend. Es ist also unumgänglich einen ausgeglichenen PH-Wert unter der Betrachtung und Einbeziehung von CO2 zu erwirken.

Es gibt Anubias (Afrika) Bacopa und die trendigen Bucephelandra oder Cryptocorynen Arten welche recht einfach und anspruchslos in der Haltung sind. Will man sich mit anspruchsvolleren Pflanzen auseinandersetzen, ist CO2 unumgänglich.

Hardscape - Wie geht das?

Ein sehr relevanter Teil des Aquascaping besteht aus dem so genannten Hardscape. Damit meint man die Dekoration des Aquariums unterteilt in Aquarienwurzeln oder verschiedensten Steinen. Dabei geht es jedoch nicht darum, alle Steine und Wurzeln zu vermischen – sondern besonders beim Aquascaping handelt es sich um die Anordnung und Flucht der Steine gegen oder eben mit der Fließrichtung des Wassers im Aquarium. Um eine besonders natürliche Optik zu erhalten, lohnen sich entsprechend naturnahe Dekoutensilien. Künstliche Deko hingegen, wird im Aquascaping eher weniger gern gesehen.


Mit dem gewählten Hardscape erzeugst Du Strukturen in deinem Aquascape, leitest das Auge des Betrachters oder begrenzt durch einzelne Pflanzengruppen die Betrachtung auf ihren eigenen Raum. Freiräume in recht großen Aquarien machen das Hardscape zu ganzen Landschaften aus Steinen und Holz. Wenn Du jetzt kreativ bist, kannst Du gar ganze Biome nachstellen: Dschungel, Wälder, Berge, Graslandschaften, Klippen. Das erlaubt Dir optische Schwerpunkte und Blickfänge zu erzeugen.


Hardscape mit Perspektive und goldenem Schnitt

Mit einem gelungenen Hardscape schafft man das Gefühl für Perspektive. Dabei spielt hier der Goldene Schnitt eine enorm große Rolle. Vereinfacht gesagt existiert der Goldene Schnitt, wenn eine Linie in zwei Teile geteilt wird und der längere Teil (a) geteilt durch den kürzeren Teil (b) gleich der Summe von (a) + (b) geteilt durch (a) ist, was beides 1,618 ergibt. ... Der Goldene Schnitt kann auch auf Formen angewandt werden.

Zieht man nun im Aquascape die „Tiefe“ also Tiefenwirkung hinzu, wirkt das Design besonders harmonisch.

Hart, härter - Steine - das Hardscape

Im Aquascaping geht es vorallendingen um das Ruhende Auge. Dabei sollte bei der Wahl der Steine auch der Typ des Steins nicht bunt gemischt werden. Das hat zum einen den Grund der Optik, allerdings auch, dass einige Steine Mineralien ins Wasser abgeben und aufhärten können. Somit wären ebendiese nicht für ein Scape geeignet.
Wie bereits eben erwähnt, ist neben der einfachen Textur und Beschaffenheit des Steins die Anordnung in Fließ-Richtung relevant. Sie geben dem Design eine Grunddynamik und harmonieren mit der Wasserströmung. Dabei spielt auch die Größe und Anordnung eine Rolle. Auf die verschiedenen Größen kommt es nun an: Kleine Steine werden für eine besondere Tiefenwirkung in den Hintergrund gelegt, recht große Steine hingegen liegen im Vordergrund.

Holzdeko als Hardscape


Ob nun Steine und / oder Wurzeln: Das Prinzip im Aquascaping ist das gleiche. Im Zoofachgeschäft erhält man typische Moorkienwurzeln, die in unterschiedlichen Größen - entsprechend geeignet für die Aquariengröße - besorgt werden wollen. Damit hat man nun eine fast mannigfaltige Möglichkeit der Gestaltung: Wurzeln auf Steinen, in die Höhe ragend. Feine Fingerwurzeln markieren das Ende eines sich unter Wasser am Stein haftende Wurzel. Es setzt Akzente und bringt einen hohen Detailgrad ins Scape.
Pro Tipp: 
Gerade nach dem Kauf können sich Hölzer mit einem weißen Bakterienfilm überziehen. Meist verschwinden diese wieder von selbst und sind für die Bewohner und auch für die Pflanzen unschädlich. Gewisse Schneckenarten lieben gar den Bakterien-Film und raspeln das Holz ab.

Laub-Blätter fürs Aquarium

Manche Aquascapes werden gerade durch Laubblätter ergänzt und wirken im Aquarien-Vordergrund wundervoll. Einige dieser Laubblätter – aber auch Rinde – haben den wunderbaren Nebeneffekt Futter für Garnelen oder Schnecken zu sein. Manche Blätter – wie das Seemandelbaumblatt – haben den genialen Nebeneffekt gegen Laichverpilzung, und auch gegen Flossenfäule sowie Verfilzung vorzubeugen.

Mit einem Dojo zum ersten Aquascape

Jeder gut sortierte Aquaristik-Laden (Aquascaping) hat ein so genanntes Aquascape Dojo. Der Begriff Dojo kommt aus dem asiatischen und bedeutet zu deutsch Trainingsraum. Im Aquascaping ist es ein rechteckiger, mit Holzlatten umzäunter Sandkasten, in dem die Hardscapes zu Übungszwecken angeordnet werden können. Wenn man selbst handwerklich fähig ist, kann man mit Teichfolie, Holzbrettern, Winkeln und trockenem Sand (Kies bevorzugt) sein eigenes Dojo präparieren. Ich habe das für mich selbst natürlich auch schon ausprobiert und bin über das Ergebnis und die Einfachheit erstaunt.

Gretchen-Frage: Sand oder Kies? Was ist besser!

Generell gilt für den Bodengrund ein solider Aufbau von Lavasteinen, Soil und Kies bzw. Sand. Ist der Sand hingegen zu fein, verflüssigt sich dieser zwischen den unteren Schichten. Damit ist dann der Effekt von dem feinen Sand hinüber.

  • Für den Hintergrund empfehle ich für die Tiefenwirkung und als Substrat Volcano Mineral von JBL, denn damit hatte ich bisher meine besten Erfahrungen gemacht.
  • Nutze Hardscapes um eine Stufenwirkung zu erzeugen und das "Fallen" von weiteren Substraten wie Kies auf mögliche im Vordergrund geplanten Sand-Arealen
  • Verzichte bitte der Einfachheit halber darauf, "nur" Sand zu verwenden: Er hat mehrere Nachteile: Er transportiert keine Mineralien zum Wurzelwerk deiner Pflanzen. Und die Luftzirkulation fällt in diesem Fall sehr schwer. Das kann wiederum zu Gährprozessen führen und auch den Algenwuchs fördern.

Natürlicher Bodensubstrat: Aqua Soil

Aqua Soil ist so genannter aktiver Bodengrund. Er hat sich in den letzten Jahren immer mehr als Bodengrund für bepflanzte Aquarien durchgesetzt und gibt den Wasserpflanzen optimale Nährstoffe. Er reduziert die Wasserhärte und den PH Wert. Neben dem hochwertigen ADA bietet Tropica einen eigenen AquaSoil an. Beide habe ich bereits in meinen Aquarien angewandt und sehe beide für gleichwertig gut! Weitere Produzenten hier sind Shirakura oder GlasGarten. Allerdings kann ich mich zu diesen kein Urteil erlauben.

Typische Wasserpflanzen im Aquascaping

Im Aquascaping zehrt das Auge von den sich bewegenen dynamischen Wasserpflanzen. Echte Aquarienpflanzen sind ein Kern des Aquascapes. Dabei kommt es nicht auf die Unterschiedlichkeit an - denn dies ist abhängig von der Gestaltung und Kreativitiät! Bei den bekannten IWAGUMI Layouts kombiniert man Aquarienpflanzen mit einen bis drei verschiedenen Aquarienpflanzen unter Wasser. Wobei in der "Dschungel" Optik hingegen ein Zusammenspiel zwischen vielen oder einigen Pflanzenarten zu einem wundervollen Gesamtbild zusammengefügt werden.

Sowohl im Aquascaping als auch im klassischen Hollandaquarium unterscheidet man zwischen drei verschiedenen Aquarienpflanzen: Vorder-, Mittel- und Hintergrundpflanzen.

HIntergrundpflanzen

Pflanzen für den Hintergrund sind oftmals Stängelpflanzen / Pflanzen mit bandförmigen Blättern wie Vallisnerien, Javafarn oder Nadelsimen. Häufig handelt es sich hier jedoch um eher schnell wachsende Pflanzen die durch einen regelmäßigen Schnitt mit einer guten Pflanzenschere zu schönen buschigen Gruppen werden können. Schnellwachsende Pflanzen sind perfekte Nährstoffzehrer und sorgen dafür, dass lästige Algen erst gar nicht im Aquarium auftauchen.

Mittelgrundpflanzen

Im Mittelgrund werden die Aquarienpflanzen weniger groß. Sie sind oft "Solitär" also Farne oder Bucephalandra und besonders Anubien eignen sich dafür. Bucephelandra und Anubien haben zudem den enormen Vorteil, dass man diese sehr gut auf Holz oder Steinen im Hardscape aufbinden könnte. Cryptocorynen gehören zu den Mittelgrundpflanzen.

Vordergrund

Die Pflanzen für den Vordergrund bleiben klein und niedrig. Sie sorgen dafür, dass man den Soil nicht wirklich mehr sieht. Meist bilden die Gräser oder blattartigen Pflanzen einen feinen Rasen im Vordergrund. Es gibt zahlreiche Vordergrundpflanzen, die eine spezielle Pflege benötigen. Andere widerum sind recht einfach in der Haltung. Für viele Aquascaper ist das Glossotigma die beliebteste Pflanzenart für den Vordergrund. Auch Eleocharis oder die typische Nadelsimse werden oft verwendet.

Iwagumi: Stil fürs Aquascaping

Als Iwagumi beschreibt man einen Stil der sehr einfachen und puristischen Gestaltungsform zwischen Hardscape und Pflanzen. Zum Thema Iwagumi Layout habe ich für Dich hier einen Artikel verfasst.

Fische fürs Aquascaping

Grundsätzlich ist ein Aquascaping ein zur Schau stellen der eigenen Kreativität und zur Nachbildung von natürlichen Vorkommen. Ein Nachteil hat das Thema des Aquascapes hingegen schon: Die enorm hohen Düngewerte und CO2 Werte sowie niedrigen PH Werte sind nicht für jeden Fisch geeignet und können dadurch unweigerlich schnell zum Tod des Besatzes führen. Gerade bei den IWAGUMI Layouts sind die Werte aber auch die möglichen Verstecke für Fische eher Mangelware.

Jedoch eignen sich mitunter nur wenige Arten freier Fließ- oder stehenden Gewässern für ein Aquascaping-Aufbau.